Sprachlich brillant und mit satirischen Spitzen beschreibt die Autorin die verschiedenen Charaktere des Dorfes, lässt nach und nach Verstrickungen und Zusammenhänge erkennen und deutet an, was hinter dem gemeinschaftlichen Verschweigen und Vergessen steckt. Die gesamte Bandbreite menschlicher Niedertracht und Fehlbarkeit wird sichtbar, ohne dass es zu einer umfassenden Aufklärung des alten Verbrechens kommt.
Die Formulierungskunst der Autorin hat mich sehr begeistert, aber die Fülle der Personen und die Art, wie vieles nur halb erzählt wird, fand ich manchmal verwirrend. Am Schluss erfahren wir, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist – im Grunde ist das passend, aber für mich als Leserin war es ein wenig unbefriedigend. Ich hätte mir weniger lose Enden und etwas mehr Konkretheit gewünscht, aber vielleicht entspricht das schwammige Gefühl genau der Absicht der Autorin – wenn Dinge vertuscht werden, ist die Wahrheit nicht greifbar.
Eva Menasse: Dunkelblum
Erschienen am 19.8.2021 bei Kiepenheuer & Witsch. Bildrechte: Kiepenheuer & Witsch.