Die in Quarantäne geschickte Maria flüchtet daraufhin ein Stockwerk nach oben und zieht bei einem alten Rabbi ein. Ihm erzählt sie die Geschichte ihrer Familie, in der die verschwundenen Männer als Lücke noch präsent sind. Zu ihnen gehört auch Holger, Richards Sohn und Marias Exmann, der sich nach einem Suizidversuch in einer psychiatrischen Klinik aufhält.
Anhand einer Familie, in der jeder für sich allein mit Wut und Schuld kämpft, geht der Autor verschiedenen religiösen und philosophischen Fragen nach. Ein Motiv, das sich durch den Roman zieht, ist der Stein, in dem Gott schläft, bzw. in den Lebewesen zurückkehren wollen. Überleben als Schuld, eine Lücke, wo Gott sein sollte, die übermächtige Bahn des Verschwindens, das Bedürfnis nach Vergebung … all das kristallisiert sich in der intensiven Geschichte heraus, verleiht ihr Tiefe, aber auch Schwere. Die brillante Sprache, die klugen Beobachtungen, der leise Humor und die elegante Verbindung zwischen den Handlungssträngen haben mir sehr gut gefallen; gegen Ende wurden mir die Reflexionen aber ein wenig zu viel.
John von Düffel: Die Wütenden und die Schuldigen
Erschienen am 16.7.2021 bei Dumont. Bildrechte: Dumont.